M-Pädagogik in der Praxis

Unser Kinderhauskonzept dient den Pädagogen und Padägoginnen in ihrer täglichen Arbeit mit den Kindern in Montessori-Kinderhäusern als Wegweiser und verbindlicher Rahmen. Der Begriff "Montessori-Kinderhaus" steht für Montessori-Krippen, -Kindergärten und -Horte.

Verwirklichung der Montessori-Pädagogik in den Kinderhäusern

Hierfür haben mehrere Arbeitsgruppen und das Redaktionsteam mit Pädagoginnen aus Kinderhäusern im MLVB Grundlagen zu folgenden Punkten erarbeitet:

  • Rechtlicher Rahmen
  • Rahmenbedingungen für Montessori-Kinderhäuser
  • Kinderhausstruktur und Organisation der pädagogischen Arbeit
  • Grundlegende Montessori-Prinzipien in der täglichen Praxis
  • Entwicklung, Lernen, Bildung im Montessori-Kinderhaus
  • Kommunikation und Kooperation

Die wichtigsten Grundprinzipien für Montessori-spezifisches Lehren und Lernen im Kinderhaus und in der Schule


Die Bausteine des Lernprozesses

Das Prinzip der Altersmischung

Durch das Miteinander verschiedener Altersstufen in einer Klassengemeinschaft entsteht ein soziales Umfeld, in dem die Kinder ganz selbstverständlich lernen, sich gegenseitig zu unterstützen. In der Kooperation mit anderen erfahren sie ihren Wert auf vielfältige Art und Weise: So kann der Kleine vom Großen genauso lernen wie der Große vom Kleinen. Jedes Kind tritt in seiner Einmaligkeit viel deutlicher hervor als in einer altershomogenen Klasse.

In der schulpraktischen Umsetzung haben sich diese Lerngruppen bewährt:
- Klasse 1 bis 3 oder 1 bis 4
- Klasse 4 bis 6 oder 5 bis 7
- Klasse 7 bis 9 bzw. 10 oder 8 bis 10

Die "Vorbereitete Umgebung" und die Aufgabe der Pädagogen

Das kindliche Lernumfeld wird geprägt durch die „Vorbereitete Umgebung“. Eine der Hauptaufgaben der Pädagogen besteht in der Gestaltung des Klassenzimmers als eines Lebens-, Lern- und Entwicklungsraumes, der den Bedürfnissen der Kinder angepasst ist. So wird der Raum zum äußeren Rahmen, der es dem Kind ermöglicht, selbstständig und weitgehend unabhängig vom Erwachsenen zu lernen.

Die Vorbereite Umgebung ist geprägt durch:
- eine helle und freundliche Atmosphäre,
- eine gezielte Bereitstellung von Montessori-Material und anderen Arbeitsmaterialien (frei zugänglich und übersichtlich geordnet),
- die Schaffung verschiedener Arbeitsbereiche innerhalb des Lernraumes,
- die Möglichkeit der Kinder, sich innerhalb dieses Bereiches frei bewegen zu können.

Das Montessori-Material

Maria Montessori war überzeugt davon, dass der Zugang zum kindlichen Denken nicht auf abstraktem Wege, sondern grundsätzlich über die Sinne des Kindes erfolgen muss. Greifen und Begreifen sind für sie im Lernprozess untrennbar miteinander verbunden. Im Laufe ihres Lebens hat sie viele Arbeitsmaterialien entwickelt, mit denen ihre pädagogischen Grundsätze auch ganz konkret „in die Tat“ umgesetzt werden können. Dieses Montessori-Material teilt sich in verschiedene Materialgruppen: Sinnesmaterial, Mathematikmaterial, Übungen des praktischen Lebens, Sprachmaterial und Material zur kosmischen Erziehung.

Die Lernmaterialien werden meist in der Freiarbeit angeboten – die Kinder wählen sich das Material, mit dem sie arbeiten möchten, selbst aus und können sich in den meisten Fällen auch selbst kontrollieren. So erfahren sie aktiv ihre Fähigkeiten und auch ihre Grenzen. Die Materialien sind deshalb für Maria Montessori der „Schlüssel zur Welt“.

 

Die Freiarbeit in der Umsetzung

In der „Freiarbeit“ können Kinder selbst wählen, mit welchen Themen und Materialien sie sich beschäftigen wollen und was sie lernen möchten. Konkret heißt das, jedes Kind lernt interessengeleitet in seinem individuellen Lern- und Arbeitstempo und in frei gewählter Sozialform (Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeit). Im Gegenzug ist jede Schülerin, jeder Schüler selbst verantwortlich für die Dokumentation der geleisteten Arbeit. Dem Pädagogen kommt dabei die wesentliche Rolle des Lernberaters und Lernbegleiters zu. Er beobachtet und dokumentiert die Arbeit der Schüler, begleitet ihre Entwicklungsprozesse und unterstützt jedes Kind gemäß dem Grundsatz „Hilf mir, es selbst zu tun“. Dabei vertraut er auf den inneren Bauplan, die Kompetenz des Kindes, sein eigener „Baumeister“ zu sein.

Darüber hinaus haben die Pädagogen die Aufgabe, einen sicheren Rahmen für die Lerngruppe zu schaffen, denn „die Freiheit muss aufgebaut werden“ (Maria Montessori). Dazu dienen die Strukturierung des Tagesablaufes, Transparenz der Regeln und das Setzen klarer Grenzen.

 

Die Projektarbeit

Zur Ergänzung der Lerninhalte können die Kinder in der Projektarbeit täglich oder mehrmals wöchentlich über einen längeren Zeitraum hinweg ein selbst gewähltes Thema vertieft bearbeiten. Sie lernen Informationen zu sammeln und einzuordnen, ihr Wissen zu bewerten und darzustellen. Projektarbeit ist deshalb eine wichtige Basis für fächerübergreifendes und vernetztes Lernen und schult die Ausdrucksfähigkeit der Kinder.

Fachunterricht an Montessori-Schulen
Viele Lerninhalte, die an staatlichen Schulen im Fachunterricht behandelt werden, erarbeiten sich die Schülerinnen und Schüler an Montessori-Schulen eigenständig während der Freiarbeit und mit selbst gewählten Angeboten in Themen aus den Bereichen:

• Fremdsprachen
• Religion/Ethik
• Handarbeit / textiles Gestalten / Werken
• Bewegung/Sport
• Musik
• Kunst
• Theater

Die regelmäßigen Schülerpräsentationen tragen dazu bei, dass sich die Schülerinnen und Schüler, ausgehend von ihrem persönlichen Interesse, in Fachthemen vertiefen und ihre Begeisterung und ihr Wissen mit den Mitschülerinnen und Mitschülern teilen. Auch hier wird auf die Grundlagen der Montessori-Pädagogik geachtet, um dadurch die Entwicklung der emotionalen Kräfte, die Entfaltung der schöpferischen Fähigkeiten und des sozialen, ganzheitlichen Lernens zu ermöglichen.

 

Die "Kosmische Erziehung"

Die „Kosmische Erziehung“ ist eines der Grundprinzipien in der Montessori-Pädagogik. Maria Montessori war überzeugt, dass Lernen nicht bedeuten darf, dem Kind zusammenhanglos Wissen aus verschiedenen Lernbereichen zu vermitteln, sondern es von Anfang an den großen Zusammenhang und die Gesetzmäßigkeiten einer Ordnung innerhalb des „Kosmos“ erfahren zu lassen. „Kosmos“, das bedeutet für Montessori nicht nur das Wissen um die Gesetzmäßigkeiten in der Natur, sondern auch das Bewusst- werden der Wechselbeziehungen von Mensch und Natur wie auch der Menschen untereinander.

In der "Kosmischen Erziehung" geht es deshalb vor allem darum, die Kinder dabei zu unterstützen, ihren Platz im „großen Ganzen“, d.h. in der Welt, zu finden. Weiß das Kind um seinen eigenen „Standpunkt“ in der Welt, wird ihm auch die Verantwortung, die es durch sein Handeln in dieser Welt hat, bewusst. Kosmische Erziehung soll sich dabei nicht auf kognitive Zielsetzungen beschränken. Wichtig ist Montessori die Aufgabe, „jenes menschliche Verstehen und jene Solidarität zu entwickeln, die heute so sehr fehlen“ (Maria Montessori: Kosmische Erziehung, Kleine Schriften 1, Freiburg 1988, S. 93 f.). Damit greift sie ein pädagogisches Ziel auf, das heute als Teil einer Werteerziehung von allen Schulen eingefordert wird.

 

Die Elternarbeit als wesentlicher Teil der Pädagogik

Die offene, von gegenseitigem Vertrauen geprägte Zusammenarbeit von Lehrern, Eltern und Schülern ermöglicht den Kindern erfolgreiches Lernen und unterstützt sie in ihrer Persönlichkeitsentwicklung. In regelmäßigen Einzelgesprächen werden gemeinsam Entwicklungsstand, Hilfestellungen und Fördermaßnahmen besprochen. Darüber hinaus können sich Eltern an der Gestaltung von Lernfeldern beteiligen, mit eigenen Beiträgen und Angeboten das Wissen und Können der Kinder erweitern. Durch ihre Unterstützung bei der Projektarbeit und dem Erstellen neuer Arbeitsmaterialien gestalten sie aktiv die Lernprozesse ihrer Kinder mit.

 

Das selbstorganisierte Lernen zu Hause

Verpflichtende Hausaufgaben sind nicht Teil des pädagogischen Konzeptes: Die Kinder erfahren sich auch in der häuslichen Arbeit als eigenverantwortlich für ihren Lernprozess. Sie befassen sich mit selbst gewählten Aufgabenstellungen, die in der Schule begonnen und zu Hause fortgeführt werden können. Gleiches geht natürlich auch umgekehrt: Projekte, die in häuslicher Umgebung begonnen werden, können in die Schule „mitgebracht“ und dort weiter bearbeitet werden. Nicht die Menge an Aufgaben ist das, was uns alle weiterbringt, sondern die Freude an der Arbeit.

 


IzEL: Informationen zum Entwicklungs- und Lernprozess

Zeugnisse mit Noten gibt es nicht, stattdessen erfahren Schüler wie Eltern eine ausführliche Rückmeldung zum individuellen Entwicklungs- und Lernprozess, kurz IzEL genannt. In dieser Dokumentation sind Beobachtungen zur Persönlichkeitsentwicklung, zum Sozial- und Arbeitsverhalten und zum Lernfortschritt festgehalten. Sie sind sowohl in Form von pädagogischen Wortgutachten als auch in einer kategorisierten Dokumentationsform abgefasst. Grundlage hierfür ist die genaue Beobachtung des individuellen Lernprozesses durch den Pädagogen und die feste Überzeugung, dass Leistungsmessung individuell erfolgen und deshalb auch mehr als nur „Zensuren“ umfassen muss. Zunächst schätzen sich die Schüler und Schülerinnen selbst ein; nachdem auch die Pädagogen ihre Einschätzung vorgenommen haben, findet ein Gespräch zwischen Pädagogen und Schüler statt, um sich auf eine gemeinsame Einschätzung zu einigen.

IZEL Logbuch (Logo)